Franz Christian Gundlach (* 16. Juli 1926 in Heinebach, Hessen; † 23. Juli 2021 in Hamburg[1]) war ein deutscher Fotograf, Galerist, Sammler, Kurator und Stifter. Im September 2003 war er Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg.

Seine Modefotografien der 1950er, 1960er und 1970er Jahre, die sich immer wieder mit gesellschaftlichen Phänomenen und aktuellen Strömungen in der bildenden Kunst auseinandersetzten, sind vielfach zu Ikonen geworden, haben ihren Entstehungskontext hinter sich gelassen und ihren Weg in Museen und Sammlungen gefunden. Seit 1975 hat er, zunächst in der PPS. Galerie F. C. Gundlach, später für viele Hamburger und Berliner Museen, international beachtete fotografische Ausstellungen zusammengestellt. Anlässlich der Neueröffnung des umgestalteten Hauses der Photographie kuratierte er im April 2005 die Retrospektive des ungarischen Fotografen Martin Munkácsi, zuletzt die Ausstellungen More Than Fashion für das Moscow House of Photography und Vanity für die Kunsthalle Wien 2011. Seine Sammlung fotografischer Arbeiten unter dem Titel Das Bild des Menschen in der Photographie zählt zu den bedeutendsten privaten Fotosammlungen Deutschlands und steht dem Haus der Photographie als Dauerleihgabe zur Verfügung.[2] Aus dem Bestand seiner Sammlung wurden dort seit 2003 unter anderem die Ausstellungen A Clear Vision, The Heartbeat of Fashion, American Beauties und Maloney, Meyerowitz, Shore, Sternfeld. New Color Photography der 1970er Jahre präsentiert.

Biografie

Modefotograf

F. C. Gundlach fotografiert für Film und Frau in Berlin 1955, Model Grit Hübscher, Stola von Staebe-Seger, Aufnahme: Charlotte Rohrbach.

Gundlachs Eltern betrieben eine Gastwirtschaft in Heinebach.[3] Die Leidenschaft für die Fotografie wurde bei Gundlach schon im Alter von zehn Jahren geweckt, zu diesem Zeitpunkt bekam er seine erste Kamera, eine Agfa-Box. Von seinem jüngeren Bruder (1929–2006),[4] machte er im Alter von 10 Jahren sein erstes Foto.[5] Ab 1938 hatte er eine eigene Dunkelkammer im Elternhaus.[3] Nach dem Schulabschluss am Jacob-Grimm-Gymnasium in Rotenburg/Fulda im Jahr 1943 – als einer des vorletzten Aufgebots musste er ab 1944 noch die Endphase des Kriegs als Soldat und anschließende Kriegsgefangenschaft miterleben[6] – lernte er das Handwerk nach Kriegsende 1947 bis 1949 auf der privaten Fotografieschule Private Lehranstalt für Moderne Lichtbildkunst bei Rolf W. Nehrdich in Kassel.[6] Bis 1952 arbeitete er als Assistent verschiedener Fotostudios, u. a. bei Ingeborg Hoppe in Stuttgart und Harry Meerson in Paris.[7]

Als freiberuflicher Fotograf veröffentlichte er ab 1949 vor allem Theater- und Filmreportagen in Magazinen wie der Deutschen Illustrierten und Revue sowie in Stern, Twen Quick.[6] Seine Spezialisierung auf Modefotografie im journalistischen Stil begann 1953 mit der Arbeit für die in Hamburg erscheinende Zeitschrift Film und Frau, für die er vor allem die Mode deutscher Modeschöpfer, die Pariser Haute Couture und immer wieder Pelzkampagnen fotografierte. Ein Schwerpunkt seiner Arbeiten lag auf Modereportagen mit Filmstars in Mode und Künstlerporträts unter anderem von Romy Schneider, Hildegard Knef, Dieter Borsche und Jean-Luc Godard. Für Film und Frau, aber auch für den Stern, für Annabelle, Twen und andere Zeitschriften unternahm F. C. Gundlach seit dieser Zeit Mode- und Reportagereisen bis in den Nahen, Mittleren und Fernen Osten sowie nach Mittel- und Südamerika. Im Rahmen eines Exklusiv-Vertrags mit der Zeitschrift Brigitte fotografierte er ab Mitte der Sechziger Jahre[6] bis 1983 viele der trendsetzenden Modeteile, insgesamt mehr als 160 Titelcover und 5.000 Seiten redaktionellen Modeteil. Location-Reisen führen ihn in den siebziger und achtziger Jahren nach Südamerika, nach Afrika, aber vor allen Dingen nach New York und an die amerikanische Westküste.

Seine retrospektiv angelegten Einzelausstellungen, wie beispielsweise ModeWelten (1985), Die Pose als Körpersprache (1999), Bilder machen Mode (2004) oder F. C. Gundlach. Das fotografische Werk (2008) wurden in vielen Museen und Galerien im In- und im Ausland gezeigt.

„Er ist ein Fotograf, dessen Bilder das Wissen um die dominierende Rolle der Mode als kultureller Gesellschaftsfaktor bestimmt. Deshalb hat er die Erscheinungen der Mode auch nur selten isoliert dargestellt, sie vielmehr mit der Phänomenologie der Alltagswirklichkeit verknüpft und in den soziokulturellen Zusammenhang gestellt, dem sie letztendlich entstammt. F. C. Gundlach erweist sich als fotografischer Künstler mit Stilwillen, als Meister der Inszenierung, der souverän über die Fläche des fotografischen Bildes verfügt und seine Gegenstände in immer neuen formalen Konstellationen organisiert: als Fotograf von außergewöhnlicher ästhetischer Qualität.“

Klaus Honnef: Rede zur Eröffnung der Ausstellung ModeWelten im Rheinischen Landesmuseum Bonn 1986.[8]

„Als Modephotograph, der sich des aufzeichnenden Mediums für seine Inszenierungen bedient, muß der Photograph ganz in seiner Zeit leben, denken und fühlen. Modephotographien sind immer Interpretationen und Inszenierungen. Sie reflektieren und visualisieren den Zeitgeist der Gegenwart und antizipieren denjenigen von morgen. Sie bieten Projektionsflächen zur Identifikation an, aber auch für Träume, Wünsche und Sehnsüchte. Und doch sagen Modephotographien mehr über eine Zeit aus, als Dokumentarphotographien, die vorgeben, Realität abgebildet zu haben.“

F.C. Gundlach: Rede zur Eröffnung der Ausstellung F. C. Gundlach. Das fotografische Werk im Martin-Gropius-Bau Berlin, 19. November 2009.[9]

Unternehmer, Galerist, Kurator

Um die Infrastruktur für Fotografen in Deutschland zu verbessern, gründete er 1967 die Firma CC (Creative Color GmbH), bald darauf das fotografische Dienstleistungsunternehmen PPS. (Professional Photo Service) mit Schwarzweiß- und Farb-Laboren, Equipment-Handel, Mietstudios und Fachbuchhandlung. 1975 erweiterte er das Unternehmen um die PPS. Galerie F.C. Gundlach, eine der ersten reinen Fotogalerien Deutschlands.

In der PPS. Galerie präsentierte F. C. Gundlach von 1975 bis 1992 mehr als 100 Ausstellungen u. a. von Irving Penn und Richard Avedon, von Joel-Peter Witkin und Robert Mapplethorpe, von Martin Kippenberger und Albert Oehlen, von Nan Goldin und Wolfgang Tillmans. Seit Beginn der achtziger Jahre konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit zunehmend auf das Sammeln photographischer Werke und die Konzeption photographischer Ausstellungen. Es entstanden die Ausstellungen Das Medium Fotografie ist berechtigt, Denkanstöße zu geben im Hamburger Kunstverein 1989, Berlin en Vogue in der Berlinischen Galerie 1993, Modebilder, Bildermode / Zeitgeist becomes Form für das Institut für Auslandsbeziehungen (Ifa) 1995, Das deutsche Auge in den Deichtorhallen Hamburg 1996, Emotions & Relations in der Kunsthalle Hamburg 1998, Wohin kein Auge reicht in den Deichtorhallen Hamburg 1999 und Mode – Körper – Mode im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg 2000.

Nach langjähriger Tätigkeit als Dozent wurde F. C. Gundlach 1988 als Professor an die Hochschule der Künste Berlin berufen. Als Lobbyist für die Photographie gründete er 1993 den Arbeitskreis Photographie Hamburg e. V. und initiierte 1999 die 1. Triennale der Photographie in Hamburg, die seitdem alle drei Jahre stattfindet (2002: Reality Check; 2005: Archiv der Gegenwart; 2008: Say Cheese; 2011: Wechselspiel. Foto-Film-Foto). Er war Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg.

Stifter

Um sein Lebenswerk und seine umfangreiche Photosammlung Das Bild des Menschen in der Photographie auf Dauer zu sichern und den aktiven, wissenschaftlichen und kreativen Umgang mit seinem gesamten photographischen Vorlass zu ermöglichen, gründete er 2000 die Stiftung F. C. Gundlach, deren Zweck die Förderung von Kunst, Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Photographie, insbesondere die Förderung der Photographie als Kulturgut ist.[2]

Von September 2003 bis Ende 2005 war F. C. Gundlach Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg, das die Sammlung Das Bild des Menschen in der Photographie als Dauerleihgabe aufgenommen hat. Dort zeigte er unter anderem Corpus Christi – Christusdarstellungen aus drei Jahrhunderten Photographie (2003), Martin Parr – Photographische Werke 1971–2001 (2004), Martin Munkacsi – Think while you shoot (2005) und Barbara Klemm – Künstlerportraits 1968–2004 (2005). Am 26. September 2006 wurde dort die Ausstellung The Heartbeat of Fashion – Photographische Werke aus der Sammlung F. C. Gundlach eröffnet.

Gundlach-Mausoleum mit Foto-Szene Gundlachs (1966, Pyramiden von Gizeh) auf dem Friedhof Ohlsdorf, zu Lebzeiten Gundlachs entworfen von Roland Poppensieker[10]
Rückseite Gundlach-Mausoleum nach der Beisetzung

Tod

Gundlach lebte ab 1956 in Hamburg.[6] Am 23. Juli 2021 starb Gundlach in Hamburg im Alter von 95 Jahren in einem Seniorenheim, in dem auch seine letzte Ausstellung F.C. Gundlach at Work stattfand.[1][11] Er wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt.[5][4][12]

Sammlung F. C. Gundlach „Das Bild des Menschen in der Photographie“

Das Bild des Menschen war von Beginn an Gegenstand photographischen Schaffens. In der Sammlung F. C. Gundlach kommt jenen photographischen Werken eine besondere Bedeutung zu, die über ihren historischen Status als Zeitdokumente hinaus neue Sichtweisen auf Dignität und Verletzbarkeit des Menschen eröffnen.

Auf besondere Weise bezeugt die Photographie den sich wandelnden Blick auf den Menschen. Einen Schwerpunkt der Sammlung bilden daher Photographien, die das Bild des Menschen in seiner äußeren Erscheinung reflektieren – in Moden, Posen, Mimik und Gestik. Die der Sammlung zu Grunde gelegte weite Definition von Mode als Zeitgeist verlangt dabei zugleich eine Berücksichtigung auch jener Photographien, die nicht als Modephotographien im engeren Sinne zu interpretieren sind, jedoch Zeitzeugenschaft reflektieren.

Einen weiteren Schwerpunkt innerhalb der Sammlung bilden darüber hinaus Menschenbilder von mit Photographie arbeitenden Bildenden Künstlern, die den dialogischen Charakter des Mediums akzentuieren.

Ehrungen und Preise

Ausstellungen (Auswahl)

Einzelausstellungen

  Quelle: [14]

Ausstellungsbeteiligungen

  Quelle: [15]

Veröffentlichungen als Herausgeber und Kurator

Literatur (Auswahl)

Monographien zum Werk

Interviews mit und Artikel über F. C. Gundlach (Auszug)

Film

Einzelnachweise

  1. a b Annette Stiekele: Ein Leben für die Fotografie: F.C. Gundlach gestorben. In: abendblatt.de. 25. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
  2. a b Großmeister der deutschen Fotografie: F.C. Gundlach ist tot. In: br.de. 25. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
  3. a b Peter Gottbehüt, Susanne Kanngieser: Er fotografierte halb Hollywood: Bekannter Fotograf aus Alheim ist tot: Alheims Ehrenbürger F.C. Gundlach ist kurz nach seinem 95. Geburtstag in Hamburg gestorben. In: hna.de. 25. Juli 2021, abgerufen am 28. Juli 2021.
  4. a b Ohlsdorfer Friedhof • Nordteich und Stiller Weg: F.C. Gundlach — fast ein Mausoleum. In: fredriks.de. Abgerufen am 27. Juli 2021.
  5. a b Michael Schacht und Maik Brodersen: Er revolutionierte die deutsche Modefotografie: Starfotograf F. C. Gundlach (95) tot. In: bild.de. 25. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
  6. a b c d e Lothar Müller: Nachruf auf den Fotografen F. C. Gundlach:Meister der nahbaren Göttinnen. In: sueddeutsche.de. 25. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
  7. Munzinger-Archiv GmbH, Ravensburg: F. C. Gundlach – Munzinger Biographie. Abgerufen am 9. September 2018.
  8. Honnef zitiert in: Fotograf F.C. Gundlach. In: fcgundlach.de, aufgerufen am 13. Februar 2018.
  9. Gundlach zitiert in: Biografie. In: Stiftung Gundlach, aufgerufen am 13. Februar 2018.
  10. Grabmal F.C. Gundlach, rolandpoppensieker.de
  11. Fotografen-Legende: F.C. Gundlach: Ausstellung zum 95. Geburtstag. In: wn.de. 14. Juli 2021, abgerufen am 28. Juli 2021.
  12. Klaus Nerger: Das Grab von F.C. Gundlach. In: knerger.de. Abgerufen am 30. August 2021.
  13. Ehrenbürger F.C. Gundlach: Trauer um den Ehrenbürger der Gemeinde Alheim. In: alheim.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Juli 2021; abgerufen am 28. Juli 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alheim.de
  14. Ausstellungen. In: fcgundlach.de.
  15. Ausstellungsbeteiligungen. In: fcgundlach.de.