Klosterkammer Hannover | |
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Rechtsform | Landesbehörde und Stiftungsorgan im Dienstbereich des Nds. Ministeriums für Wissenschaft und Kultur |
Bestehen | seit 1818 |
Stifter | Prinzregent Georg von Hannover |
Sitz | Hannover |
Zweck | Stiftungszwecke „Kirche“, „Schule“ und „milde Zwecke aller Art“ |
Vorsitz | Thela Wernstedt |
Mitarbeiterzahl | rund 160 |
Website | www.klosterkammer.de |
Die Klosterkammer Hannover mit Sitz in Hannover ist eine Sonderbehörde im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur. Sie verwaltet ehemals kirchlichen, mediatisierten Besitz und unterhält Kirchen und Klöster. Außerdem verwaltet sie als Stiftungsorgan vier selbstständige öffentlich-rechtliche Stiftungen. Die Klosterkammer ist eine der ältesten und traditionsreichsten Landesbehörden in Niedersachsen, deren Vorläuferorganisation im 16. Jahrhundert entstand. Sie fördert kirchliche, soziale und schulische Projekte.
Die Klosterkammer Hannover entstand in der Zeit des landesherrlichen Kirchenregiments, als Staat und Kirche noch institutionell verbunden waren. Ihre Wurzeln hat sie in der Zeit der Reformation im Fürstentum Calenberg-Göttingen um 1542. Damals verfügte die Regentin Elisabeth von Calenberg die Inventarisierung der Urkunden der ehemals katholischen Klöster, die in der Reformation zu evangelischen Damenstiften umgewandelt worden waren. Diese wurde nur in Ansätzen durchgeführt. Nachdem die Regentschaft der Elisabeth von Calenberg aufgrund der Volljährigkeit ihres Sohnes Erich II. 1545 endete, geriet die Reformation der Klöster ins Stocken, da Erich II. zum katholischen Glauben übergetreten war. Erst als nach seinem Tod 1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen im Erbgang an Braunschweig-Wolfenbüttel fiel, wurde unter Herzog Julius das Klosterwesen nach der Wolfenbüttelschen Kirchenordnung von 1569 neu geordnet.
Einen bedeutenden Vermögenszuwachs erfuhr der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds (AHK) als Vorläuferorganisation infolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803. Dabei fielen 1815 die geistlichen Territorien Hochstift Hildesheim und Osnabrück an das Königreich Hannover. Das Vermögen der aufgehobenen Klöster wurde nicht vom Staat vereinnahmt, sondern dem Klosterfonds zugeführt. Dieser Vermögenszuwachs war ursächlich für die Errichtung der Klosterkammer Hannover als zentrale Behörde. Prinzregent Georg IV. richtete sie am 8. Mai 1818 zur Verwaltung des ehemaligen Klostervermögens ein. In der Zeit der preußischen Provinz Hannover von 1866 bis 1945 unterstand die Klosterkammer mit eigenem Präsidenten dem Oberpräsidenten der Provinz in Hannover.
Entgegen der Behauptung von Albrecht Stalmann, Kammerpräsident von 1931 bis 1955, war die Klosterkammer in der NS-Zeit kein Hort der politischen Nonkonformität gegenüber der NS-Politik. Eine Mehrheit der höheren Kammerbeamten, inklusive Stalmann selbst, waren Mitglieder der NSDAP, der Behördenalltag war umfassend „nazifiziert“ und mit den Erträgen der Klosterkammer wurden u. a. die Ziele und Maßnahmen der NS-Politik unterstützt.[1] Auf den Klostergütern und in den Forsten der Klosterkammer kam es zu einem umfassenden Einsatz von Zwangsarbeitenden.[2] Bei der Verpachtung von Klostergütern wurde die politische Haltung der Pächter zu einem Auswahlkriterium.[3]
Bis heute sind zahlreiche ehemalige Stifts- und Klosterkirchen Niedersachsens im Besitz der Klosterkammer; sie werden von evangelischen und katholischen Kirchengemeinden als Pfarrkirchen genutzt. Ferner umfangreicher Grundbesitz der einstigen Klöster. Dem Präsidenten der Klosterkammer obliegt die Vertretung der zugehörigen Prälaturen auf dem Calenberg-Grubenhagenschen Landtag.
Die Klosterkammer hat ihren Sitz in der Oststadt von Hannover (Eichstraße 4), unweit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Sie verwaltet den Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds (AHK), den Domstrukturfonds Verden, das Stift Ilfeld und den Hospitalfonds St. Benedikti in Lüneburg.
Der Klosterkammer stehen eine Verwaltungs-, eine Liegenschafts- und eine Bauabteilung[4] sowie der Klosterkammerforstbetrieb, der von den Klosterforstämtern in Soltau und Westerhof verwaltet wird, als Landesbetrieb zur Verfügung. Darin sind rund 160[5] Mitarbeiter tätig, die das umfangreiche Stiftungsvermögen betreuen. Dieses besteht hauptsächlich aus rund 40.000 Hektar Grundbesitz mit Landwirtschafts- und Forstflächen[6], Kiesgruben, Naturschutz- und Freizeitflächen. Zu drei Vierteln finanziert sich die Klosterkammer aus rund 16.700[7] Erbbaurechts-Grundstücken - als größte Ausgeberin von Erbbaurechten in Deutschland.[7] Darüber hinaus gehören zur Kammer etwa 800[5], zumeist unter Denkmalschutz stehende Gebäude, darunter die Calenberger Frauenklöster Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen. Auch etwa 12.000[5] Kunstwerke gehören zum Besitz.
Zu der Verwaltung der vier Stiftungsvermögen durch die Klosterkammer gehört auch die Erfüllung der Leistungsverpflichtungen gegenüber zahlreichen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden. Die Leistungsverpflichtungen lasten in den ganz überwiegenden Fällen seit jeher auf den in den Stiftungen, insbesondere im Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds (AHK), zusammengefassten Vermögen. Eine erste Aufstellung findet sich in der Falk’schen Denkschrift von 1877. Ihre Größenordnung ist ganz unterschiedlich. So ist der AHK im Falle der Kirchengemeinde St. Michaelis Lüneburg verpflichtet, die gesamten Kosten der Kirchengemeinde, also alle Personal-, Sach-, Bauunterhaltungskosten zu tragen. In weiteren Fällen trägt der AHK ganz oder teilweise die Pfarrbesoldung, und/oder die Bauunterhaltung von Kirchengebäuden, Pfarrhäusern und Friedhofskapellen. Darüber hinaus leistet er Zuschüsse für Gehälter und Heizungskosten. Aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung von 1963/83 mit dem Land Niedersachsen trägt der AHK die Leistungsverpflichtung des Landes Niedersachsen gegenüber den sog. Lüneburger Klöstern, also Damenstiften, Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen. Im Gegenzug wurde der AHK von seiner Leistungsverpflichtung gegenüber der Universität Göttingen freigestellt und der überschießende Anspruch durch die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ausgeglichen. Darüber hinaus berät die Klosterkammer die Damenstifte Bassum, Börstel, Fischbeck und Obernkirchen in Verwaltungs-, Bau- und sonstigen Fachangelegenheiten.
Aus Wirtschaftsüberschüssen der Vermögensverwaltung vergibt die Klosterkammer jährlich Fördermittel in Höhe von mehr als drei Millionen Euro für mehr als 200 Vorhaben[8] entsprechend ihrem kirchlichen, sozialen und schulischen Stiftungszweck für Projekte in Niedersachsen.
Zeitweilig war bis 2019 die Übernahme von Schloss Marienburg (Pattensen) in die Klosterkammer geplant[9]; das Schloss befindet sich seit 2020 im Eigentum der privatrechtlichen Stiftung Schloss Marienburg.
In der Reihe der Kunstführer des Deutschen Kunstverlages erscheinen seit 2009 geheftete Kunst- und Architekturführer im A6-Format mit jeweils ca. 32 Seiten. Sie werden, wie für diese Hefte üblich, vor allem vor Ort in den Kirchen und Einrichtungen angeboten, sind aber auch über den Buchhandel erhältlich. Neben den DKV-Nummern besitzen diese Kunstführer der Klosterkammer Hannover eine separate Nummerierung.[12] Zumeist handelt es sich dabei um Erstveröffentlichungen. Mit dem Kunstführer zum Dom zu Bardowick und zum Kloster Fischbeck wurden jedoch auch bestehende Publikationen in die Reihe eingegliedert.
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Koordinaten: 52° 22′ 41,4″ N, 9° 45′ 7″ O