RS1 | |
---|---|
Typ | leichte Trägerrakete |
Hersteller | ![]() |
Startpreis | 12 Millionen US-Dollar |
Status | in Entwicklung und Erprobung |
Aufbau | |
Höhe | > 27 m |
Durchmesser | 1,8 m |
Stufen | |
1. Stufe | |
Triebwerk | 9× E2 Sea Level einfach 1× E2 Sea Level dual |
Treibstoff | RP-1 / Flüssigsauerstoff |
2. Stufe | |
Triebwerk | 1× E2 Vacuum |
Treibstoff | RP-1 / Flüssigsauerstoff |
Starts | |
Erststart | 10. Januar 2023 (Fehlstart) |
Starts | 1 |
Nutzlastkapazität | |
Kapazität LEO | 1350 kg (200 × 200 km) |
Kapazität SSO | 1000 kg (500 × 500 km) |
Kapazität GTO | 400 kg |
Die RS1 ist eine in Entwicklung befindliche zweistufige Trägerrakete des US-amerikanischen Raumfahrtunternehmens ABL Space Systems. Die Rakete ist für den Start von Kleinsatelliten vorgesehen. Das Konzept von ABL beruht auf möglichst einfacher und preiswerter Technik und einer vollständig mobilen Startvorrichtung. Davon erhofft man sich, Raketenstarts kostengünstiger, schneller und flexibler anbieten zu können als direkte Konkurrenten wie Firefly Aerospace.
Am 10. Januar 2023 absolvierte die RS1 einen ersten, erfolglosen Testflug.[1]
ABL Space Systems wurde im August 2017 von ehemaligen Mitarbeitern des Raketenherstellers SpaceX gegründet.[2][3] Sitz des Unternehmens ist El Segundo bei Los Angeles in Kalifornien, unweit des SpaceX-Hauptsitzes in Hawthorne. Der ABL-CEO Harry O’Hanley war bei SpaceX für die Entwicklung der Gitterflossen verantwortlich, mit denen die Erststufe der Rakete Falcon 9 den Landeanflug steuert.[4] Die Frage, wofür ABL als Abkürzung stehe, beantwortete O’Hanley später scherzhaft mit dem Backronym „Another Bloody Launch company“ (die nächste verdammte Startfirma).[5]
Innerhalb von zwei Monaten nach Gründung kündigte ABL die Entwicklung der Rakete „RS‑1“ an; sie sollte damals bis zu 650 kg schwere Nutzlasten in niedrige Erdumlaufbahnen (LEO) und 425 kg in sonnensynchrone Bahnen (SSO) bringen können. Ein erster Start war für Mai 2021 geplant.[6] Später wurde die projektierte Rakete in RS1 umbenannt und dreimal vergrößert, zunächst auf maximal 900 kg LEO-Nutzlast, dann (Anfang 2019) auf 1200 kg und schließlich im Sommer 2020 auf 1350 kg. Mit dem zweiten Schritt sank zugleich der angebotene Startpreis von 17 auf 12 Millionen Dollar und der Erstflugtermin wurde auf 2020 vorgezogen. Die sei einerseits durch Optimierung des Designs, andererseits durch den Wechsel von zugekauften auf selbst produzierte Triebwerke möglich geworden.[7]
Mitte 2019 ging der Luft-/Raumfahrt- und Rüstungskonzern Lockheed Martin eine „strategische Beteiligung“ an ABL Space ein. Lockheed Martin war zu diesem Zeitpunkt bereits an dem erfolgreichen Kleinraketenhersteller Rocket Lab beteiligt. Die RS1 sei vor allem wegen ihrer schnellen Einsatzbereitschaft (responsive launch) interessant; hieran bestehe zunehmendes Interesse seitens der US-Regierung.[8]
Die Entwicklung der Rakete dauerte schließlich länger als angekündigt. Anfang 2021 stand noch ein vollständiger Test der zweiten Stufe aus und die mobile Startanlage war noch im Bau. Das Unternehmen beschäftigte zu diesem Zeitpunkt rund 100 Mitarbeiter.[9]
Beim ersten Start am 10. Januar 2023 (Lokalzeit; 11. Januar MEZ) fiel zehn Sekunden nach dem Abheben die Bordstromversorgung aus und alle Erststufentriebwerke schalteten sich ab. Die Rakete fiel zurück auf die Startvorrichtung und explodierte.[1][10] Die Unfalluntersuchung ergab, dass sich wegen eines unzureichenden Flammenschachts Triebwerksabgase zurückgestaut und einen Brand in der Triebwerkssektion der Rakete ausgelöst hatten.[11]
Für den zweiten Start entschied sich ABL gegen die Verwendung eines bereitliegenden Zweitexemplars der Rakete. Stattdessen wurde die Erststufe neukonstruiert und verlängert. Die Triebwerke wurden weiterentwickelt und ein Doppeltriebwerk hinzugefügt. Diese „Block 2“ genannte Raketenvariante ist leistungsstärker und durch eine modulare Bauweise der Triebwerkssektion einfacher herstellbar.[12]
Die RS1 ist als zweistufige Rakete ausgelegt und beruht weitgehend auf herkömmlicher Technik. Die Struktur beider Stufen ebenso wie die Nutzlastverkleidung werden aus Aluminium-Legierungen hergestellt, die Triebwerke arbeiten nach dem Gasgeneratorverfahren und werden mit Raketen- (RP-1) oder Flugzeugkerosin (Jet A) und Flüssigsauerstoff betrieben. 3D-Druck wird nur für einige Einzelteile wie die Triebwerks-Brennkammern genutzt. Die Stufentrennung soll zerstörungsfrei erfolgen, also ohne Sprengsätze.[13]
Eine Besonderheit der RS1 ist ein Kranz von Cubesat-Transportbehältern innerhalb des Adapters, der die Nutzlast mit der oberen Raketenstufe verbindet. Hiermit soll es möglich sein, bei jedem Start ohne zusätzliche Vorrichtungen mehrere Cubesats der Größen 3U und 6U auszusetzen. Durch Klappen in der Nutzlastverkleidung sollen bis wenige Stunden vor dem Start Cubesats nachladbar sein.[13]
Als Antrieb dient der von ABL entwickelte Triebwerkstyp „E2“. In der Erststufe kommen zehn dieser Triebwerke zum Einsatz. Eines davon ist ein mittig angeordneter Doppelmotor, bei dem zwei Triebwerke zu einer Einheit integriert sind.[12] Die Zweitstufe wird von einem vakuumoptimierten E2 angetrieben und verfügt zusätzlich über Kaltgastriebwerke zur Lageregelung.[14] Beim ursprünglichen Entwurf mit 1200 kg Nutzlastkapazität waren für die erste Stufe drei „E1“-Triebwerke mit je 187 kN Schub vorgesehen.[13]
Es ergibt sich eine prognostizierte Transportleistung von 1350 kg in 200 km hohe Umlaufbahnen beim Start vom Cape Canaveral. Bei einer 500 km hohen sonnensynchronen Bahn sinkt die maximale Nutzlast auf 1000 kg, bei einer geostationären Transferbahn auf 400 kg.[14][15] Die RS1 wäre damit eine der kleinsten Raketen, die auch geostationäre Satelliten starten können (→ Übersicht heutiger Trägerraketen).
Die Stufen der in der Anfangsversion 27 Meter langen Rakete und weiteres Zubehör werden in Standardcontainern transportiert; auch die Treibstoffversorgung kann vollständig mobil mit Tank-LKWs erfolgen. Dadurch soll die RS1 von beliebigen Weltraumbahnhöfen aus starten können; benötigt würden nur eine befestigte, ebene Fläche und eine Startlizenz. Im Kundenhandbuch werden neben dem Cape Canaveral auch die amerikanischen Startgelände Spaceport Camden, Pacific Spaceport Complex – Alaska (PSCA), Vandenberg Space Force Base und Wallops Island genannt.[15][16] Der Spaceport Camden ist ein Projekt des US-Bundesstaats Georgia; bislang flog von dort noch keine Rakete in den Weltraum, jedoch hat ABL Space an diesem Ort ein Gelände für Endfertigung und Tests angemietet.[3] Erste Testflüge der RS1 erfolgen vom PSCA; konkret in Aussicht gestellt wurden außerdem Starts von den Plätzen LC-15 und SLC-46 der Cape Canaveral Space Force Station.[17]
Stand: 31. Januar 2024
Datum (UTC) | Startplatz | Nutzlast | Art der Nutzlast | Orbit1 | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
10. Jan. 2023 23:27[1] |
![]() |
![]() |
Cubesats | LEO | Fehlschlag Testflug |
Letzte Aktualisierung: 26. Januar 2024
Datum (UTC) | Startplatz | Nutzlast | Art der Nutzlast | Orbit1 | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
1. Quartal 2024[19] | ![]() |
![]() |
Cubesat(s) | LEO | Testflug |
[21] | ![]() |
![]() |
militärischer Teststart | LEO | |
[22] | ![]() |
![]() 6 Satelliten |
Raumschlepper Cubesats |
LEO | |
[23] | ![]() |
![]() |
Cubesats | LEO | |
[24] | ![]() |
![]() |
Kommunikationssatelliten | LEO | |
[24] | ![]() |
![]() |
Kommunikationssatelliten | LEO |
Es bestehen auch mehrere Startaufträge für ungenannte Nutzlasten des US-Militärs.[25] Mit dem Anteilseigner Lockheed Martin vereinbarte ABL die Durchführung von bis zu 58 Starts in den Jahren 2022 bis 2029.[26][27]
__