Sarah und Rainer Kirsch, 1964 (Sarah links, Rainer in der Mitte)

Rainer Kirsch (* 17. Juli 1934 in Döbeln/Sachsen; † 4. September 2015 in Berlin[1]) war ein deutscher Schriftsteller und Lyriker.

Kirsch trat als Autor von Lyrik, Dramen, Erzählungen sowie mit Essays, Hörspielen und Kinderbüchern hervor. Zudem schuf er zahlreiche Übersetzungen und Nachdichtungen aus dem Russischen (Ossip Mandelstam, Anna Achmatowa, Sergei Jessenin, Wladimir Majakowski, Daniil Charms, Jewgeni Jewtuschenko, Wladimir Wyssozki, Marina Zwetajewa, Maxim Gorki), dem Georgischen (Nikolos Barataschwili, Wascha-Pschawela), dem Englischen (John Keats, Percy Bysshe Shelley) und dem Französischen (Molière, Edmond Rostand).

Leben

Rainer Kirsch wuchs im sächsischen Westewitz auf. Nach dem Umzug der Familie nach Halle (Saale) besuchte er ab 1952 die Klosterschule Roßleben. Dort legte er 1953 das Abitur ab. Anschließend studierte er an der Martin-Luther-Universität Halle Geschichte und Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Wegen an einer Wandzeitung veröffentlichter Gedichte und „abweichender ideologischer Auffassungen“ wurde er 1957 der Universität verwiesen und zur „Bewährung“ in die Produktion geschickt.

So war Kirsch bis 1960 als Druckerei- und Transportarbeiter, als Chemie- und Landarbeiter tätig. Von 1960 bis 1968 war Rainer Kirsch mit der damals auch schon schreibenden Biologin Sarah Kirsch verheiratet. Mit ihr gemeinsam entstanden mehrere poetische Arbeiten. Seit 1960 verstand er sich als freiberuflicher Schriftsteller. Mit seiner Frau studierte er 1963 bis 1965 am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Hier wurde der Lyriker Georg Maurer, dessen Poesie-Seminar er besuchte, wichtig für seine literarische Entwicklung. 1966 verweigerte ihm das Institut aus kulturpolitischen Gründen das Diplom.[2] Wegen seiner Komödie Heinrich Schlaghands Höllenfahrt – einer Adaption des Fauststoffs – schloss ihn die SED 1973 aus ihren Reihen aus. Die Uraufführung, eine szenische Lesung, fand am 23. September 2013 im Gartenhaus des Berliner Ensembles statt. Mit Dichtern wie Adolf Endler, Karl Mickel, Volker Braun, Sarah Kirsch und Peter Gosse verstand er sich als Vertreter der Sächsischen Dichterschule,[3] die auf Freundschaftsbeziehungen und gemeinsamen ästhetischen Ansprüchen beruhte. Peter Gosse hat sie so formuliert: „Sanguinik, Weltbezug, Handwerksernst und Bestehen auf Vernunft.“[4]

Rainer Kirschs Werk zeichnet sich durch große Vielfalt aus, nur ein Roman fehlt. Den kleinen literarischen Formen gab er den Vorzug: „Ich bin ein Lessing-Typ, nur gelegentlich wird mir ein Vers oder eine Formulierung ‚geschenkt‘“.[4] In Kirschs Werk finden sich Gedichte, Übersetzungen und Nachdichtungen, Essays, Erzählungen, Porträts und Reportagen, ein Opern- und Balettlibretto, Texte für Kinder. Kirsch sah sich in der Tradition von Aufklärung und Klassik. Präzise sprachliche Arbeit, geschult auch an seiner Übersetzertätigkeit, war ihm wichtig. Lyrik und Prosa zeichnen sich durch Sachlichkeit und Genauigkeit aus, oft unterlegt mit leiser hintergründiger Ironie.

Grabstätte von Rainer Kirsch, Dorotheenstädtischer Friedhof, 2023

Als Aufgabe des Dichters sah er die „unerbittliche(n) Abschilderung der Welt und ihres Zustandes, bezogen auf die Möglichkeiten des Menschen“.[5]

Vom März bis Ende Dezember 1990 war Rainer Kirsch Vorsitzender des DDR-Schriftstellerverbandes. Danach wurden Schriftstellerinnen und Schriftsteller beider Deutschen Staaten zum Verband Deutscher Schriftsteller zusammengeführt. Bis 1991 übernahm Rainer Kirsch mit bundesdeutschen Kollegen den Vorsitz. Seit 1990 war er Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin (Ost), nach der Vereinigung beider Akademien ab 1993 Mitglied der Akademie der Künste (Berlin). Von 1973 bis 2010 gehörte er dem PEN, seit 1998 der Sächsischen Akademie der Künste an.

Er wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte beigesetzt.

Darstellung Kirschs in der bildenden Kunst der DDR

Werk

Hörspiele

Hörbuch

Herausgeberschaft

Auszeichnungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Rainer Kirsch mit 81 Jahren gestorben. (Memento vom 4. September 2015 im Webarchiv archive.today)
  2. Deutsche Welle (www.dw.com): Dichter und Autor Rainer Kirsch ist tot | DW | 04.09.2015. Abgerufen am 28. April 2023 (deutsch).
  3. deutschlandfunkkultur.de: Rainer Kirsch - Hoher Ton und intellektuelle Freude. Abgerufen am 28. April 2023.
  4. a b Rainer Kirsch: Werke Band 1 – Gedichte & Lieder. Auf planetlyrik.de.
  5. Michael Opitz, Michael Hofmann (Hrsg.): Metzler Lexikon DDR-Literatur. Metzler, Stuttgart 2009, ISBN 3-476-05222-2, S. 162.
  6. Bildende Kunst, Berlin, 1/1965, S. 5 (Abbildung)
  7. Rainer Kirsch: Heinrich Schlaghands Höllenfahrt. bei henschel-schauspiel.de (PDF) (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  8. Peter Maiwald: Kirsch. Durch seine Gedichte gesehen, in: Neue Rundschau Heft 4, 1990.
  9. Rainer Kirsch: Zu Rainer Kirschs Gedicht Im Maß Petrarcas, in: NDL Heft 396 vom Dez. 1985.
  10. Jürgen Engler: Zu Rainer Kirschs Gedicht Petrarca hat Malven im Garten und beschweigt die Welträtsel, in: NDL Heft 553 vom Jan./Feb. 2004.
  11. Matthias Oehme: In Petrarcas Mantel. Der Dichter Rainer Kirsch wird 70, in: Neues Deutschland vom 17. Juli 2004.
  12. Burga Kalinowski: Und ohne dieses Wort wäre das Gedicht nichts. Interview mit Rainer Kirsch, in: Neues Deutschland vom 19. Juli 2014, S. 18