Eine Schachkomposition (auch Schachproblem oder Schachaufgabe) ist im Schach eine ersonnene Aufgabe. Gewöhnlich besteht sie aus einer Schachstellung (meist als Diagramm dargestellt), einer Forderung (zum Beispiel „Weiß zieht und gewinnt“) und der Lösung der Aufgabe. Falls nicht anders angegeben, richtet sich die Forderung an Weiß, das auch am Zuge ist (Hilfsmattaufgaben ausgenommen). Im Normalfall gelten die üblichen Schachregeln.

Die Wurzeln dieser häufig auch als Problemschach bezeichneten Form der Beschäftigung mit Schach reichen bis zu den Anfängen des Schachspiels zurück. Die Schachkomposition hat sich in den letzten 150 Jahren durch Spezialisierung weitgehend verselbständigt. Mitunter wird von Kunstschach gesprochen, um ihre ästhetische Seite zu unterstreichen. Schachkompositionen werden in Schachspalten von Tageszeitungen und Zeitschriften sowie in Schachzeitschriften veröffentlicht. Zudem gibt es Spezialliteratur, die sich mit Schachkomposition beschäftigt. In Veröffentlichungen werden Angaben zum Urheber („Autor“ oder „Komponist“ genannt) und zur Quelle der Erstveröffentlichung (bei neuen Werken der Vermerk „Urdruck“ oder „Original“) gemacht.

Geschichte

Eine Schachaufgabe des 15. Jahrhunderts im Buch von Lucena

Die Schachkomposition ist sehr alt. Bereits im 10. Jahrhundert kannten die Araber Aufgaben (sogenannte „Mansuben“, z. B. das bekannte „Matt der Dilaram“), die wahrscheinlich nicht auf das Spiel an sich, sondern auf den ästhetischen Genuss bei der Lösung der Aufgabe zielten. Im Europa des Mittelalters waren Schachkompositionen als Gegenstand von Wetten beliebt. In frühen Schachbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts nahmen Schachkompositionen, so in den Werken von Lucena oder Damiano, einen beträchtlichen Umfang ein. Erst später behandelte die Schachliteratur die Eröffnungen und andere Aspekte des praktischen Spiels ausführlicher. Daneben blieb die Tradition der Schachaufgaben erhalten, sie wurde im 18. Jahrhundert namentlich durch den Syrer Philipp Stamma kultiviert. Seit etwa 1830 bildete sich schließlich aus Komponisten und Lösern eine Subkultur der Schachkomposition heraus. Es haben sich in diesem sozialen Netzwerk eine Fülle von Themen und eine eigene Fachsprache entwickelt. Wichtige Begriffe und Themen werden unten erklärt.

Im 20. Jahrhundert entwickelte sich die Schachaufgabe mit der Forderung „Matt in n Zügen“ beträchtlich weiter. Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn formten sie zur logischen Schule (oder auch Neudeutschen Schule) aus. Eine konkurrierende historische Richtung stellte die bereits früher entstandene Böhmische Schule dar, die stärker ästhetischen Kriterien und Konventionen folgte.

Problemturniere gehörten im 20. Jahrhundert vielfach zum Begleitprogramm größerer Schachturniere. In letzter Zeit hat sich die sportliche Komponente in der Schachkomposition verstärkt. Es wurden Meistertitel für Schachkomponisten, Wettbewerbe mit vorgegebenen Aufgabenstellungen und international standardisierten Preiszuerkennungen sowie Meisterschaften im Lösen von Schachaufgaben und Studien eingeführt. Zahlreiche Periodika sehen eine feste Spalte für Schachkompositionen vor. Dort veröffentlichte Urdrucke werden mitunter von Experten „gekocht“, das heißt, auf vom Komponisten unbeabsichtigte Abweichungen in seiner Lösung und auf Kunstfehler untersucht. Neben der Dokumentation solcher Schwächen dient der Lösungsteil meist auch der Diskussion um ästhetische Vorzüge und Fehler der veröffentlichten Stücke. Die traditionelle Vereinigung von (vorwiegend deutschen) Freunden der Schachkomposition ist Schwalbe mit ihrer Zeitschrift Die Schwalbe.

In den Niederlanden und in Flandern wurde 1988 die Organisation ARVES (Alexander Rueb Vereniging voor SchaakEindspelStudie) gegründet, die mittlerweile zahlreiche Freunde der Schachstudie aus vielen Ländern vereinigt. Die Studie hat ähnlich wie die Schachaufgabe verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. Ihrem Wesen nach ist sie näher an der praktischen Partie und stellt an Komponisten und Löser hohe Anforderungen an Schachwissen und Analysefähigkeiten. Möglicherweise ist das der Grund, weshalb manche Schachkomponisten sich auf diesem Gebiet nicht betätigen.

Charakter des „Kunstschachs“

Eine Schachkomposition unterscheidet sich bereits äußerlich von der Schachpartie. Im Kopf des Diagramms der zu untersuchenden Stellung findet man nicht die Namen beteiligter Spieler, sondern den Namen des Komponisten. Anders als in der praktischen Partie, deren Ergebnis zu Spielbeginn offen ist, soll eine bestimmte und konkrete Forderung erfüllt werden, beispielsweise ein Matt in einer festgelegten Zügezahl. Die vom Komponisten beabsichtigte Idee wird in der Schachkomposition in reiner Form dargestellt. Es gibt nur einen fiktiven Gegner, dessen Gegenspiel letztendlich diese Idee nicht verhindern kann, es handelt sich um Schach ohne Partner. Wichtig ist, dass es neben der vom Verfasser beabsichtigten Lösung einer Aufgabe keine Nebenlösungen gibt (Abweichungen von der Absicht bereits im ersten Zug, welche die Forderungen ebenfalls erfüllen). Duale (Abweichungen von der Absicht in den Folgezügen) schmälern den künstlerischen Wert beträchtlich. Eine Komposition gilt ebenfalls als entwertet, wenn in den thematischen Varianten, welche die Idee ausdrücken, Duale vorkommen.[1]

Zu erwähnen ist der Einsatz des Materials. Die weißen und schwarzen Figuren sind auf das zur Darstellung der Idee Erforderliche beschränkt, und jede Figur erfüllt im Verlauf der Lösung ihre Funktion (Prinzip der Ökonomie). Überflüssige Figuren oder nur zur Vermeidung von Defekten benötigte Nachtwächter werden als Kunstfehler betrachtet. In der Schachpartie ist das Kräftepotenzial ungefähr ausgeglichen, während Schachaufgaben große Materialungleichheiten aufweisen können. Im Fall der Studie besteht von Materialverteilung und Aufgabenstellung her (etwa „Weiß zieht und gewinnt“) eine größere Nähe zum Partieschach.

An die Lösung der Komposition werden ästhetische Anforderungen gestellt. In welchem Maße diese erfüllt werden, entscheidet über den künstlerischen Wert. So soll in Aufgaben der erste Zug der Komposition, der sogenannte Schlüsselzug, aufgrund des Rätselcharakters nicht naheliegend sein.[1] Wenn also im Schlüsselzug einfach dem schwarzen König ein Fluchtfeld genommen oder eine schwarze Figur geschlagen wird, gilt das als unästhetisch. Auch ein Schachgebot zu Beginn ist in Schachaufgaben untypisch. Meistens unbeanstandet bleibt dagegen ein sog. Nimm- und Gib-Schlüssel, also ein Schlüsselzug, der dem Schwarzen zwar ein Fluchtfeld nimmt, als Ersatz aber ein neues Fluchtfeld einräumt, während eine Fluchtfeldfreigabe besonders hoch angerechnet wird. Ebenfalls positiv gesehen wird ein weiträumiger Schlüsselzug, bei dem also eine Figur viele Felder weit zieht. Bei Studien wird ein Schachgebot im ersten Zug toleriert. Gute Studien verschleiern durch ein einleitendes Spiel ihre eigentliche Idee, in der Lösung sollte sie möglichst erst zum Schluss offensichtlich werden.

Die Schachkomposition beruht, abgesehen von einigen Sonderformen (siehe unten), auf den gleichen Regeln wie das Partieschach. Eine gezeigte Stellung muss daher regelkonform (legal) sein, d. h. zumindest theoretisch aus einer Schachpartie hervorgegangen sein. Besitzt Weiß etwa mehrere Damen oder drei Springer, müssen diese durch Bauernumwandlung erklärbar sein. Der „Nachweis einer nicht partiegemäßen Ausgangsstellung“ entwertet die Komposition. Ob die zur Herbeiführung der Stellung notwendigen Züge im partiepraktischen Sinne „vernünftig“ sind, spielt dabei keine Rolle.

Arten der Schachkomposition

Thomas Taverner
Dubuque Chess Journal 1889, 1. Preis
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8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  
Matt in zwei Zügen

Es sind drei Hauptgruppen zu unterscheiden. Die direkten Mattaufgaben werden als orthodox (von griechisch ορθός „richtig, geradlinig“) bezeichnet, Probleme mit veränderten Bedingungen oder Forderungen wie Selbstmatt, Hilfsmatt usw. gelten als heterodox. Die sogenannten Studien wiederum werden nicht zu den Problemen gerechnet, daher ist Schachkomposition als Oberbegriff genauer als Problemschach.

Direktes Matt

Dies ist die klassische „orthodoxe“ Hauptrichtung der Schachkomposition. Im direkten Matt lautet die Forderung für die vorgegebene Stellung: „Matt in n Zügen.“ Weiß hat auch bei bester Gegenwehr von Schwarz ein Matt spätestens im n-ten Zug herbeizuführen, die Aufgaben werden dementsprechend auch als n-Züger, also Zweizüger, Dreizüger usw., bezeichnet. Wenn unter dem Diagramm nichts anderes angegeben ist, beginnt stets Weiß.

Im Beispiel zieht Weiß 1. Th2–h1. Dadurch gerät Schwarz in Zugzwang: Es droht ihm unmittelbar kein Matt, doch jeder der 19 möglichen Züge wird mit einem Mattzug beantwortet. Die Versammlung von schwarzen Türmen und Läufern am oberen Brettrand ermöglicht besonders viele Verstellungen und wird nach einer Aufgabe von Samuel Loyd Loyds Orgelpfeifen genannt.

Artikel mit Beispielen für Schachaufgaben mit der Forderung nach einem direkten Matt:

Zweizüger:

Dreizüger:

Mehrzüger:

Studien

Die typische Forderung von Studien ist die Frage nach dem Weg zum keineswegs offensichtlichen Partieresultat (Gewinn oder Remis) aus der gezeigten Stellung bei beiderseits bestem Spiel. Damit ist die Schachstudie ein natürliches Bindeglied zwischen Schachpartie und Schachkomposition. Sie besitzt häufig große Nähe zum Schachendspiel, seltener zum Mittelspiel. In einer Studie wird ein vorgegebenes Stellungsproblem durch eine einzige, eindeutige Weise und in einer ästhetisch ansprechenden Form gelöst. Die führende Zeitschrift für Studien ist derzeit (2013) EG, nachdem EBUR im Jahr 2006 eingestellt wurde. Der Begriff Studie wurde erstmals 1851 von Josef Kling und Bernhard Horwitz benutzt.

Artikel mit Beispielen für Studien:

Selbstmatt

Beim Selbstmatt zwingt Weiß den Gegner zum Mattsetzen von Weiß, auch wenn Schwarz versucht, dies zu verhindern: Weiß erzwingt das eigene Matt. Es gelten die normalen Schachregeln, aber die Zielsetzung ist eine andere.

Auch hier gibt es Zwei- und Mehrzüger, beispielsweise „Selbstmatt in fünf Zügen“. Immer ist Weiß am Zug. Beispiele für eine Selbstmatt-Aufgabe findet man in den Artikeln

Reflexmatt

Das Reflexmatt ist eine Variante des Selbstmatt. Auch hier erzwingt Weiß sein eigenes Matt gegen den Widerstand von Schwarz. Es gilt aber die Zusatzregel: Wenn eine der beiden Seiten die Möglichkeit hat, die Gegenseite in einem Zug mattzusetzen, dann muss sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen.[2][3]

Es genügt also, dass Weiß Schwarz einen Mattzug zur Verfügung stellt, denn die Zusatzregel erzwingt, dass Schwarz diesen Mattzug auch ausführt. Auf der anderen Seite ergeben sich neue Verteidigungsmöglichkeiten, weil Schwarz seinerseits Weiß Mattzüge anbieten kann, die dieser gemäß der Zusatzregel auch ausführen muss.

Ein Beispiel für ein Reflexmatt findet sich im Artikel Selbstmatt.

Hilfsmatt

Beim Hilfsmatt hilft Schwarz dem Weißen beim Mattsetzen. Die beiden Parteien helfen also zusammen bei dem Versuch, Schwarz mattzusetzen (kooperatives Matt), dürfen aber trotzdem keine unerlaubten Züge machen.

Hilfsmattaufgaben gibt es wieder als Mehrzüger, so zum Beispiel „Hilfsmatt in vier Zügen“. Wenn nicht anders angegeben, macht Schwarz den ersten Zug. Bei eventuell vorhandenen Satzspielen geht der Anzug naturgemäß auf Weiß über.

Korrekt konstruierte Hilfsmattaufgaben verfügen über keine Nebenvarianten; ihr thematischer Gedanke kommt deshalb besonders klar zum Ausdruck.

Beispiele für ein Hilfsmatt findet man in den Artikeln

Das sogenannte Narrenmatt ist in gewissem Sinne auch ein Hilfsmatt; in der Ausgangsstellung macht Weiß den ersten Zug und hilft durch seine schlechten Züge dem Schwarzen, im zweiten Zug matt zu setzen.

Retrospektive (Retroanalyse)

Raymond Smullyan
The Manchester Guardian, 1957
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
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Eine Retroanalyse:
Wo muss der weiße König stehen?[4]

Die retrograde Analyse (kurz Retroanalyse bzw. Retrospektive) bezieht sich auf die (fiktive) „Vorgeschichte“ einer Schachstellung. Normalerweise gelten folgende Konventionen:

Die Ausgangsstellung eines Problems muss theoretisch in einer den Regeln entsprechenden Partie erreicht werden können (wobei es egal ist, ob die Züge unsinnig erscheinen oder nicht). Ist das nicht der Fall (etwa wenn weiße Bauern theoretisch dreimal geschlagen haben müssten, um die Stellung zu erreichen, bei Schwarz aber nur zwei Steine fehlen), so ist die Stellung illegal, was nur durch Zurückverfolgung (Retroanalyse) aufzuweisen ist. Illegalität entwertet gewöhnlich ein Problem.

Was die Rochade in der Schachkomposition angeht, so wird angenommen, sie sei so lange möglich, wie nicht durch Retroanalyse bewiesen werden kann, dass der König oder der Turm bereits gezogen hat.

Beim en-passant-Schlag hingegen gilt die Regel, dass er nur zulässig ist, wenn bewiesen werden kann, dass Schwarz zuletzt den Doppelschritt des Bauern gemacht hat.

Wenn bewiesen werden kann, dass Schwarz nicht zuletzt gezogen haben kann (wohl aber Weiß), so wird angenommen, dass nun Schwarz am Zuge sei.

Wenn eine dieser Überlegungen, die ja nur durch „Zurückverfolgung“ zu verifizieren sind, für die Lösung wesentlich ist, nennt man die Aufgabe retroanalytisch. Es gibt jedoch auch „echte“ Retro-Aufgaben, etwa mit Problemstellungen wie: Rekonstruiere die letzten zehn Halbzüge!

Noam Elkies komponierte eine weitere Aufgabe mit instruktiver Lösung mittels Retroanalyse.

Eine der anspruchsvollsten Retrospektiv-Aufgaben stammt von dem Russen Nikita Plaksin und zeigt einen Schlüsselzug, nach dem Weiß auf den ersten Blick einzügig matt gesetzt werden kann. Durch Retro-Überlegungen zeigt der Autor aber, dass in den letzten 50 Zügen weder eine Figur geschlagen wurde noch ein Bauer gezogen hat. Wegen der 50-Züge-Regel ist die Partie daher remis.

Konstruktionsaufgabe (construction task)

Schwarz setzt Matt im 5. Zug durch Springerumwandlung

Eine Konstruktionsaufgabe wird ohne Diagramm angegeben; es ist vielmehr das Ziel, eine Partie oder Stellung mit bestimmten Merkmalen zu konstruieren. Zum Beispiel entwarf Samuel Loyd das Problem: „Konstruiere eine Partie, die mit einem Abzugsschachmatt von Schwarz im vierten Zug endet.“ (publiziert in Le Sphinx, 1866; die Lösung ist 1. f2–f3 e7–e5 2. Ke1–f2 h7–h5 3. Kf2–g3 h5–h4+ 4. Kg3–g4 d7–d5#); obwohl alle weißen Züge eindeutig sind (siehe Bemerkung über Ästhetik), sind es die schwarzen nicht. Ein komplett eindeutiges Problem ist: „Konstruiere eine Partie, in welcher der schwarze b-Bauer im 4. Zug mattsetzt“ (aus Kürzeste Konstruktionsaufgaben-Karte unter Weblinks; die eindeutige Lösung ist 1. d2–d4 c7–c6 2. Ke1–d2 Dd8–a5+ 3. Kd2–d3 Da5–a3+ 4. Kd3–c4 b7–b5#). Einige Konstruktionsaufgaben fragen nach einer maximalen oder minimalen Anzahl von Etwas zu Arrangierendem, etwa einer Partie mit der maximal möglichen Anzahl aufeinanderfolgender Abzugsschachs, oder einer Position, in der alle sechzehn Steine eine minimale Anzahl von Feldern bedrohen. Eine spezielle Konstruktionsaufgaben-Klasse sind Partien, die eindeutig durch ihren letzten Zug bestimmt sind, wie etwa „3. … Txe5+“ oder „4. … b5#“ von oben (aus Moves that determine all the previous moves unter Weblinks).

Märchenschach

Das Märchenschach (auch Feenschach) verallgemeinert die Spielregeln (Gangart der Figuren, Brettformen, Forderung und andere Bedingungen) des Schachspiels. Ursprünglich wurden (wohl von Thomas Rayner Dawson) neue Schachfiguren (Grashüpfer, Nachtreiter) mit eigenen Zugregeln definiert, um in Schachkompositionen Häufungen in der besonders beliebten Schnittpunktthematik darstellen zu können. Dafür reichten die Linien, Reihen und Diagonalen der traditionellen Linienfiguren (Dame, Turm, Läufer) nicht mehr aus. Heutzutage geschieht das Erfinden immer neuerer Gangarten und Bedingungen bei einigen Komponisten oftmals nur noch aus Freude an der neuen Erfindung und stellt keine objektive Notwendigkeit mehr dar.

Beispiele für eine Bedingung sind der sogenannte Längstzüger (engl. maximummer, Schwarz führt jeweils nur einen der geometrisch längsten Züge aus), der Doppellängstzüger (sowohl Schwarz als auch Weiß führen jeweils nur einen der geometrisch längsten Züge aus), Circe (geschlagene Figuren erscheinen wieder auf ihrem Ursprungsfeld der Partieanfangsstellung, sofern das Feld frei ist) und Andernachschach (schlagende Figuren wechseln die Farbe). Beim Serien-Selbstmatt in n Zügen zieht Schwarz erst, nachdem Weiß n-mal gezogen hat (und gibt das erzwungene Matt).

Die Brettform kann variiert werden durch Hinzunahme oder Weglassen von Feldern oder durch räumliche Veränderung (wie beispielsweise Zylinderschach oder Torusschach durch Aneinanderfügen gegenüberliegender Brettseiten – horizontal und/oder vertikal).

Schließlich kann die Forderung verändert werden (etwa Patt statt Matt).

Sonderformen

Es gibt noch einige andere Formen für Kompositionen, etwa im Bereich bestimmter Schachvarianten (Raumschach, Zylinderschach u. a.). Beispielsweise könnte eine Aufgabe lauten:

Andere Aufgaben sind eher in der Nähe der Mathematik anzusiedeln, so etwa beim Damenproblem die Forderung: „Bitte setzen Sie acht Damen einer Farbe so, dass keine eine andere deckt.“ Diese Aufgabenart wird daher auch als Schachmathematik bezeichnet.

Ablauf eines Kompositionsturniers

Ein Kompositionsturnier beginnt mit einer Ankündigung. Diese wird traditionell in Schachzeitschriften oder Schachspalten von Tageszeitungen veröffentlicht, in letzter Zeit auch im Internet. In der Ausschreibung werden alle wichtigen Details des Turniers festgelegt. Vorgegeben werden Turnierart (Formal- oder Informalturnier), die Art der zugelassenen Kompositionen (zum Beispiel Zweizüger oder bauernlose Kompositionen), gegebenenfalls zusätzliche Informationen (ob Märchenfiguren und welche Zwillingsbildungen erlaubt sind und ob es Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der eingereichten Kompositionen gibt), die Adresse des Turnierleiters, der oder die Preisrichter, der Preisfonds (falls vorhanden) sowie der Einsendeschluss. Preisrichter und Turnierleiter können die gleiche Person sein.[5]

Nach Einsendeschluss übergibt der Turnierleiter den Preisrichtern die eingesandten Kompositionen, bei Formalturnieren in neutralisierter Form: Die Namen der Autoren bleiben den Preisrichtern unbekannt. Die Preisrichter beurteilen diese und vergeben Auszeichnungen. Auszeichnungen sind in der Regel Preise, ehrende Erwähnungen und Lobe; mitunter gibt es auch Spezialpreise, spezielle ehrende Erwähnungen und Speziallobe. Die Vergabe spezieller Auszeichnungen liegt im Ermessen des Preisrichters, ihr Grund kann sehr unterschiedlich motiviert sein. Können zum Beispiel Beiträge nicht nach herkömmlichen Kriterien bewertet werden, weil sie einen bestimmten Task zeigen, so kann dies zum Kompromiss einer speziellen Auszeichnung führen. Die Preisrichter veröffentlichen einen Preisbericht, in dem sie ihr Urteil mitteilen.

Nach Veröffentlichung des Preisberichts besteht eine Frist (in der Regel drei Monate), in der Einwände anderer bezüglich Korrektheit, Thematik, Vorgänger und andere Mängel vorgebracht werden können. Diese verlängert sich normalerweise nicht, wenn etwa ein neu als inkorrekt befundenes Stück verbessert wurde. Nach Ablauf der Frist entscheiden die Preisrichter, ob der Preisbericht anhand von Einwänden geändert wird. Ist das der Fall, so erscheint ein endgültiger Preisbericht. Ansonsten wird der ursprüngliche Bericht endgültig.[6]

Glossar

Es hat sich hier ein eigenständiges Vokabular herausgebildet, das auch immer wieder durch neue Ideen erweitert wird. In diesem und insbesondere im folgenden Abschnitt kann daher nur eine Auswahl der Fachbegriffe wiedergegeben werden.

Häufige Themen, Kombinationen, Manöver

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Heinrich Ranneforth: Das Schachproblem. Schachverlag Hans Hedewigs Nachf. Curt Ronniger, Leipzig 1937. S. 10.
  2. Manfred von Fondern: Lexikon für Schachfreunde. Luzern/Frankfurt am Main 1980, S. 230.
  3. Märchenschach-Lexikon der Problemschach-Zeitschrift Die Schwalbe. Artikel Reflexmatt.
  4. Raymond Smullyan: Schach mit Sherlock Holmes. 50 spannende Probleme. Otto Maier Verlag, Ravensburg 1982, ISBN 3-473-43117-6.
    Lösung: Auf c3; letzter Zug war 2. Kb3xc3+ nach 1. c2–c4 b4xc3++ e.p.
  5. goja.sk. sci.fi.
  6. Siehe beispielsweise die Preisberichte bei Georgian Composition Tournaments. Abgerufen am 9. Juli 2015.