4. Konzil im Lateran
11.–30. November 1215
Akzeptiert von

Römisch-katholische Kirche

Einberufen von Papst Innozenz III.
Präsidium

Papst Innozenz III.

Teilnehmer 71 Patriarchen und Metropoliten, 412 Bischöfe, rund 900 Äbte, Priores, Abgesandte
Themen

Katharer und Waldenser; Trinitätslehre; Transsubstantiation, Papstprimat, Lebensführung und Verhalten der Kleriker, Kirchliches Verfahrensrecht, Kreuzzug

Dokumente

71 Dekrete

Das Vierte Laterankonzil (auch Vierte Lateransynode) war das bedeutendste Konzil des Mittelalters. Es wurde durch die Bulle Vineam Domini Sabaoth von Papst Innozenz III. vom 19. April 1213 einberufen und im November 1215 im römischen Lateran abgehalten. In der katholischen Kirchengeschichtsschreibung gilt es seit Bellarmins Disputationes de controversiis (1586) trotz Abwesenheit der Ostkirche als ökumenisches Konzil.

Innozenz III. gilt als einer der bedeutendsten Kirchenrechtler des Mittelalters. Dementsprechend ließ er auf dem Konzil eine Fülle von Verfahrensregeln verabschieden. Sein Entwurf über die Finanzierung der römischen Dikasterien wurde allerdings abgelehnt,[1] die anderen Canones feierlich bestätigt. Diese wurden später von den Glossatoren gegliedert, nummeriert und in verschiedene Kirchenrechtssammlungen aufgenommen und fanden weiteste Rezeption in den europäischen Teilkirchen, u. a. auf Provinzialsynoden. Als bedeutendster und wohl einer der frühesten Kommentatoren des Vierten Laterankonzils gilt Johannes Teutonicus Zemeke.

Teilnehmer

Das Konzil ragte allein schon durch Anzahl und Einzugsbereich seiner Teilnehmer heraus. Bei der Ausschreibung des Konzils waren nicht nur alle Bischöfe und Äbte eingeladen worden – höchstens ein oder zwei Bischöfe sollten in jeder Kirchenprovinz verbleiben dürfen –, sondern auch die Kirchen- und Ordenskapitel, die Könige und Fürsten der christlichen Welt. Innozenz III. gelang es damit, im Bewusstsein der Öffentlichkeit an die Tradition der ökumenischen Konzile der Antike anzuknüpfen. Schon im Vorfeld waren die Teilnehmer ausdrücklich ersucht worden, Themenwünsche zu nennen.[2]

Anwesend waren 71 Patriarchen und Metropoliten, einschließlich der Lateinischen Patriarchen von Jerusalem und Konstantinopel, 412 Bischöfe sowie rund 900 Äbte und Priores. Die Patriarchen von Antiochien und Alexandrien waren durch Abgesandte vertreten, ebenso der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Friedrich II., der Kaiser des lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel Heinrich sowie die Könige von Frankreich, England, Aragon, Ungarn, Zypern und Jerusalem. Eine detaillierte Liste der Teilnehmer verzeichnet 71 Patriarchen und Metropoliten und 401 Bischöfe, jedoch nicht die Äbte und Prioren.[3]

Obwohl gerade die Ostkirchen ausdrücklich nach einem allgemeinen Konzil verlangt hatten und auch eingeladen worden waren, blieben sie dem Konzil fern, da sich nach der Eroberung Konstantinopels im Zuge des Vierten Kreuzzuges 1204 die Beziehungen zwischen den genuin östlichen Kirchen und der römischen Kirche immer schwieriger gestalteten: „So stellten die Einsetzung eines lateinischen Patriarchen in Konstantinopel an die Stelle des griechischen Patriarchen und die Neuordnung im Aufbau der Zuständigkeitsbereiche in den Augen der Griechen das größte Hindernis für die Einigung dar; in den Augen der Lateiner war damit die Einigung bereits verwirklicht.“[4]

Beschlüsse

In den Beratungen, die in Generalkongregationen unter Vorsitz des Papstes in Form von Gerichtsverfahren abgehalten wurden, genossen sowohl Bischöfe als auch akkreditierte Laien das Recht auf freie Meinungsäußerung. Als der Streit um die Thronfolge im Reich zu Tumulten führte, erklärte Innozenz, „das Konzil sei bekanntermaßen dazu eingerichtet, daß der Schuldige wie der Unschuldige gehört werde, der Arme wie der Reiche, sogar der Teufel selbst, wenn er imstande wäre, zu bereuen.“[5] Vom Ablauf der Versammlungen sind allerdings kaum Einzelheiten überliefert, nur die Ergebnisse wurden feierlich verkündet. Indirekt lässt sich aber erschließen, dass Beschlüsse mit Zweidrittelmehrheit Gültigkeit erlangten und dass der Papst an das Votum der Mehrheit gebunden war.[6]

Dogmatik

Häretikerverfolgung

Kirchenverfassung

Erst nach ihrem Gehorsamseid gegenüber dem römischen Stuhl sollen die östlichen Patriarchen das Recht haben, ihren Suffraganen ihrerseits das Pallium zu gewähren und das Kreuzbanner vor sich hertragen zu lassen.

Moral der Kleriker

Buße

Bischofswahlen

Zulassung zu kirchlichen Ämtern

Missbrauch von Visitationsgeldern

Kirchliches Verfahrensrecht

Abgrenzung von weltlicher Rechtsprechung

Exkommunikation

Eherecht

Kirchenzehnt

Privilegien und Geschäftsfähigkeit von Ordensleuten

Bischöfliche Kompetenzen

Diverse Missbräuche

Simonie

Juden

Aufruf zum Kreuzzug

Der Papst kündigt an, für die Kreuzfahrer 30.000 Pfund aus dem eigenen Etat zur Verfügung zu stellen und die Kosten der Überfahrt ab Rom zu tragen, außerdem 3.000 Mark Silber aus Spenden bereitzustellen. Kleriker sollen in den kommenden drei Jahren 5 % ihrer Einkünfte zur Unterstützung des Kreuzzuges abführen, der Papst selbst und die Kardinäle 10 % ihrer Einkünfte. Kreuzfahrer, die Kredite aufgenommen haben, werden von ihrem Eid zur Zahlung des Wuchers losgesprochen, ihren Gläubigern wird die Rückerstattung der Zinsen auferlegt. Juden sollen durch die weltliche Macht zum Erlass der Zinsen gezwungen werden und bis dahin von der Gemeinschaft mit Christen gebannt sein. Für die Tilgung der eigentlichen Schuld sollen den Kreuzfahrern vergünstigte Bedingungen gewährt werden.
In der Heimat gilt ein dreijähriges Turnierverbot und ein mindestens vierjähriger allgemeiner Frieden in der gesamten christlichen Welt. Weiterhin wird ein vierjähriges Schiffs-, Waffen- und Technologieembargo gegen die Sarazenen verhängt.
Bei aufrichtiger Reue und mündlichem Bekenntnis wird nicht nur allen, die sich persönlich auf den Kriegszug begeben, Vergebung ihrer Sünden zugesagt, sondern auch allen, die Kämpfer ausstatten, die Schiffe bereitstellen oder bauen lassen.

Neben den formellen Canones wurden auch Beschlüsse zu Gegenständen gefasst, die heute als weltlich oder rein politisch angesehen würden, damals aber als durchaus relevant für ein Konzil galten. In der letzten Sitzung am 30. November verkündete der Papst das Urteil des Konzils über die Thronstreitigkeiten im Heiligen Römischen Reich: Friedrich II. wurde anerkannt, Otto von Braunschweig abgewiesen. Die englischen Barone, die sich gegen den König Johann Ohneland aufgelehnt hatten, wurden mit dem Anathem belegt. Graf Raimund von Toulouse wurde als Unterstützer der Katharer seines Amtes enthoben, seine Grafschaft ging an Simon von Montfort, den schärfsten Verfolger der Katharer, über.

Editionen und Übersetzung

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

Anmerkungen

  1. Alberto Melloni: Die sieben „Papstkonzilien“ des Mittelalters. In: Giuseppe Alberigo (Hg.): Geschichte der Konzilien. Vom Nicaenum bis zum Vaticanum II. Wiesbaden 1998, S. 197–231, hier S. 215.
  2. Raymonde Foreville: Lateran I–IV. (= Geschichte der ökumenischen Konzilien, Band 6). Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1970, S. 294.
  3. Achille Luchaire: Un document retrouvé. In: Le Journal des sçavans, 1905 nouv. sér. A3, S. 557–568. Online bei gallica.
  4. Raymonde Foreville: Lateran I–IV. (= Geschichte der ökumenischen Konzilien, Band 6). Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1970, S. 304.
  5. Raymonde Foreville: Lateran I–IV. (= Geschichte der ökumenischen Konzilien, Band 6). Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1970, S. 321.
  6. Raymonde Foreville: Lateran I–IV. (= Geschichte der ökumenischen Konzilien, Band 6). Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1970, S. 319.