Willem Hendrik de Vriese

Willem Hendrik de Vriese (* 11. August 1806 in Oosterhout; † 23. Januar 1862 in Leiden) war ein niederländischer Mediziner und Botaniker. Sein botanisch-mykologisches Autorenkürzel lautet „de Vriese“.

Leben

Willem Hendrick war als Sohn des Unterhändlers Gosewijn Willem Hendrik de Vriese (* 6. November 1752 in Delft; † 28. Januar 1812 in Breda) und dessen zweiter Frau Angenieta Louisa Verspijck (* 7. Dezember 1766 in Batavia; † 12. April 1846 in Naarden)[1], geboren. 1819 kam er an das Gymnasium in Leiden, wo sein späterer Schwiegervater Frans Antonie Bosse der Rektor war. Am 6. September immatrikulierte er sich als Student der Medizin an der Universität Leiden. Während seines Studiums entwickelte er eine besondere Vorliebe für die Botanik und hatte im zweiten Studienjahr eine Preisfrage der Universität Groningen beantwortet, über das Thema Quid hactenus ex plantarum physiologia de forma directione, structura et quaedam functione radicum innotuerit. Hierfür erhielt er dafür eine Goldmedaille und verfasste im selben Jahr die Dissertation botan. de radicibus plantarum. Am 20. Dezember 1830 promovierte de Vriese mit dem Thema Specimen Medicum, quo praecipuae exponuntur methodi, quibus utitur Therapeutice naturalis, ad sanandos corpus humani morbos chronicos zum Doktor der Medizin.[2]

Im Januar 1831 ging er nach Rotterdam, wo er an der dortigen klinischen Schule als Lektor der Naturgeschichte, der Botanik und der Lebensmittellehre angestellt wurde.[3] Diese Aufgabe übernahm er am 7. Februar 1831 mit der Antrittsrede Over het verband tusschen de studie der geneeskunde en die der natuurkundige wetenschappen. 1834 wurde er zum außerordentlichen Professor der Botanik an das Athenaeum Illustre Amsterdam berufen, welche Aufgabe er im November des Jahres mit der Rede de Progressu Physiologiae Plantarum, Prudenti Naturam indagandi Rationi Tribuendo antrat. 1842 wurde er dort ordentlicher Professor und übernahm 1843 zudem die medizinischen Vorlesungen.[4] In seiner Zeit dort arbeitete er auch für den Hortus Botanicus Amsterdam.

Von 1834 bis 1845 redigierte er mit Jan van der Hoeven die wissenschaftliche Zeitschrift Tijdschrift voor naturlyke Geschiedenis en Physiologie und ab 1846 mit Francois Dozy (1807–1856), sowie Julian Hendrik Molkenboer (1816–1854) das Nederlandsch kruidkundig Archief. Außerdem war er Mitglied der Redaktion der von Louis van Houtte herausgegebenen botanischen Zeitschrift Flore des serres et des jardins de l’Europe.[5]

Als beschreibender Botaniker widmete er sich mit Vorliebe der tropischen Flora der niederländischen Kolonien. So verfasste er Abhandlungen über Chinarindenbäume, Rafflesien, Marattiaceae, dem Kampferbaum und dem Anbau von Vanille auf Java. Auch ist er als Herausgeber der Schriften seines Lehrers Kaspar Georg Karl Reinwardt und Übersetzer mehrerer botanischer Werke ausländischer Autoren in Erscheinung getreten.

Am 15. Juli 1845 wurde er als Professor der Chemie, Botanik und Naturgeschichte an die Universität Leiden berufen, welche Aufgabe er am 27. September 1845 mit der Einführungsrede[6] De re herbaria Batava non minus quam reliquis Europae populis incolenda antrat. Damit verbunden wurde ihm die Leitung des Hortus Botanicus Leiden übertragen. 1857 wurde er von der Regierung nach Niederländisch-Indien geschickt, um botanische Untersuchungen über die dortigen Pflanzenkulturen in Jakarta auf Java durchzuführen. Hierzu hielt er die Abschiedsrede De involoed der kruidkunde op de belangen van den Staat und reiste am 21. Oktober 1857 ab. Innerhalb von vier Jahren besuchte er Sri Lanka, die Molukken, Borneo und Sumatra. Von dieser Reise kehrten er und seine Frau am 2. März 1861 gesundheitlich angeschlagen zurück. Er fing jedoch wieder an Vorlesungen zu halten, welche Aufgabe er mit der Rede Wetenschap en beschaving, de gronslagen der welvaart der landen en volken van den Indischen Archipel begann. Nachdem ihm seine Frau mit dem Tod vorausgegangen war, starb er etwa ein dreiviertel Jahr später. Sein Leichnam wurde am 12. Februar auf dem Friedhof Rapenburg beigesetzt.

Familie

Willem Hendrik hatte sich am 28. Dezember 1831 in Leiden[7] mit Charlotte Theodora Antonia Bosse (* 1. Juli 1810 in Leiden; † 11. Mai 1861 in Leiden), die Tochter des Gymnasialdirektors Frans Antonie Bosse (* 14. September 1775 in Middelburg; † 23. Dezember 1839 in Amsterdam) und dessen Frau Charlotte Theodora Schneither (* 25. Dezember 1786; † 16. Oktober 1860 in Leiden), verheiratet. Von den Kindern dieser Ehe kennt man:

Ehrungen

1837 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[8] Ab 1838 war de Vriese Mitglied der Königlich niederländischen Akademie der Wissenschaften,[9] er wurde Mitglied der Vereinigung für die Flora Niederlands und dessen überseeischen Besitzungen (niederländisch Vereeniging voor de Flora van Nederland en zijne overzeesche bezittingen), der provinziellen Utrechtschen Gesellschaft für Künste und Wissenschaften (niederländisch Provinciaal Utrechts Genootschap van Kunsten en Wetenschappen), Mitglied der Gesellschaft zum Nutzen der Allgemeinheit (niederländisch Maatschappij Tot Nut van't Algemeen), Mitglied der Gesellschaft für niederländische Literatur in Leiden (niederländisch Maatschappij van Nederlandsche Letterkunde van Leiden) und 1842 wurde er ausländisches Mitglied der Royal Horticultural Society in London. Am 21. Juli 1855 wurde er Ritter des Ordens vom niederländischen Löwen.[10]

Nach ihm wurde von John Lindley die Pflanzengattung der Bromeliengewächse Vriesea benannt[11]. Auch die Benennung der Gattung Neovriesia Britton aus derselben Familie geschah zu seinen Ehren.[12]

Schriften (Auswahl)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Genealogielink
  2. M. J. van Lieburg, F. A. van Lieburg: Album van der Rijksuniversiteit Leiden (1813-1900). Medisch-Encyclopedisch Instituut, Amsterdam/Rotterdam, 1985, ISBN 9070657015
  3. Nederlandsche staatscourant. 20. Januar 1831
  4. Peter Jan Knegtmans: Professoren van de Stad. Het Athenaeum Illustre en de Universiteit van Amsterdam, 1632-1960. Amsterdam University Press, Amsterdam, 2007, ISBN 9789053569634, S. 187
  5. Wilhelm Neubert: Van Houtte's Preisverzeichnis und seine Flore des Serres et des Jardins de L'Europe. In: Deutsches Magazin für Garten- und Blumenkunde - Zeitschrift für Garten- und Blumenfreunde, und Gärtner. Band 6, Hoffmann'sche Verlags-Buchhandlung, Stuttgart 1853, S. 369
  6. C. A. Siegenbeek van Heukelom-Lamme: Album scholasticum academiae Lugduno-Batavae MDLXXV-MCMXL. Verlag E. J. Brill, Leiden, 1941, S. 169
  7. Erfgoed Leiden en omstreken(Niederlande): Stadsarchief van Leiden (Stadsbestuur (SA III)), Leiden, Archiv 516, Inventarnummer 4822, Archivnummer 180.
  8. Mitgliedseintrag von Willem Hendrik de Vriese bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 19. September 2022.
  9. Eintrag der Mitglieder beim KNAW
  10. Leydse Courant, 23. Juli 1855
  11. J. R. Grant, G. Zijlstra: An annotated catalogue of the generic names of the Bromeliaceae. In: Journal of the Marie Selby Botanical Gardens. Selbyana, 1998, 19(1):91-121.
  12. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.