Gabriele Wohmann (1992)

Gabriele Wohmann, geborene Guyot (* 21. Mai 1932 in Darmstadt; † 22. Juni 2015 ebenda), war eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Grab von Gabriele Wohmann und ihrem Ehemann Reiner im Familiengrab Guyot auf dem Bessunger Friedhof in Darmstadt

Gabriele Wohmann stammte aus der Darmstädter Pastorenfamilie Guyot.[1] Ihr Großvater, Pfarrer Johannes Guyot (1861–1910),[2] hatte dort 1906 den Hessischen Diakonieverein gegründet.[3] Ihr Vater Paul Daniel Guyot (1896–1974) wirkte ebenfalls als Diakoniepfarrer in Darmstadt.[4] Als Internatsschülerin besuchte sie das noch nicht anerkannte Nordseepädagogium auf der Insel Langeoog, wo sie ein externes Abitur ablegte. Von 1951 bis 1953 studierte sie vier Semester ohne Abschluss Germanistik, Romanistik, Anglistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Frankfurt am Main. Anschließend war sie als Lehrerin an ihrer ehemaligen Schule auf Langeoog sowie an einer Volkshochschule und einer Handelsschule tätig. 1953 heiratete sie den Germanisten Reiner Wohmann (* 1926,† 2017) und lebte seit 1956 als Schriftstellerin in Darmstadt, wo sie am 22. Juni 2015 im Alter von 83 Jahren starb.[5] Gabriele Wohmann wurde auf dem Bessunger Friedhof (Grabstelle: Mauer 111) bestattet.[6][7][8] Seit Mitte März 2017 trägt ein Teil der Erbacher Straße in Darmstadt ihr zu Ehren den Namen „Gabriele Wohmann-Weg“[9].

Werk

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gabriele Wohmann verfasste Erzählungen, Romane, Gedichte, Hörspiele, Fernsehspiele und Essays. Die Autorin, die sich selbst als „Graphomanin“ einschätzte, schuf seit den 1950er Jahren ein umfangreiches Werk, in dem sie anfangs – in satirischer Form – die Problematik der herkömmlichen Paarbeziehung und traditioneller Familienstrukturen aufzeichnete. Sie galt als scharfe Beobachterin.[10][11][12]

Wohmann, die in den 1960er Jahren auch an Tagungen der Gruppe 47 teilgenommen hatte, schlug seit den 1970er Jahren versöhnlichere Töne an. Ihr Werk nahm den Charakter einer fortgesetzten Chronik des Privatlebens und der Konflikte und Beschädigungen an, die sich hinter der Fassade des Alltags meist gut situierter Figuren verbergen. Ihr Ausloten des Alltäglichen wird gelegentlich als „Rückzug in die Kammer“[13] moniert. Andere dagegen sehen in dem differenziert ausgeleuchteten Mikrokosmos eine Bühne, auf der die großen Fragen des Lebens verhandelt werden: „Sie lehrt uns, genau hinzusehen und mitzubekommen, was dort geschieht, wo die Gesellschaft zusammengehalten wird: in der Sphäre des Privaten.“[14][15][16]

Erfolgreich war Wohmann, deren Bücher in 15 Sprachen übersetzt wurden,[17] vor allem in den 1970er und 1980er Jahren in Westdeutschland. Wesentliche Teile ihres Werks aus dieser Zeit können der Neuen Innerlichkeit und teils thematisch der Frauenbewegung nach 1968 zugerechnet werden. Ihren größten Erfolg beim Publikum erzielte sie mit dem 1974 erschienenen Roman Paulinchen war allein zu Haus, der mehr als 20 Auflagen erlebte[18] und 1981 verfilmt wurde. Innerhalb ihrer Fernseharbeiten fand der Film Entziehung eine höhere Aufmerksamkeit. Fast zwei Millionen Zuschauer sahen den Auftritt der Autorin in der Rolle ihrer Protagonistin Laura im Jahr 1973.[19] Gabriele Wohmann gehörte zu den Interpreten der Frankfurter Anthologie und trat regelmäßig mit Hörspielen, Essays und neuen Erzählungen in Erscheinung.

In ihren 2010 veröffentlichten Erzählungen Wann kommt die Liebe zeigt sich Gabriele Wohmann dem Literaturredakteur Johannes Breckner zufolge „als Meisterin im Erkunden jener minimalen Störungen, die ein latentes Unbehagen auslösen.“[20] Für die Literaturwissenschaftlerin Sabine Doering stehen diese Erzählungen beispielhaft für Wohmanns gesamtes Schaffen. Es seien „Szenen aus dem bieder-schrecklichen Mittelstandsglück, wie man sie sich pointierter kaum vorstellen kann“, meisterliche Charakterstudien, „die oft zu regelrechten Tragikomödien, manchmal aber auch zu wundervollen Grotesken werden“.[21]

Gabriele Wohmann gilt als eine der profiliertesten deutschsprachigen Autorinnen im Bereich der Kurzgeschichte,[22][23] in mehr als fünf Jahrzehnten hat sie über 600 Erzählungen publiziert,[24] sodass sie laut Literaturredakteur Tilman Krause als hervorragende Chronistin bundesrepublikanischen Lebens und „Königin der Kurzgeschichte“ bezeichnet werden kann.[25]

Mitgliedschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gabriele Wohmann war seit 1975 Mitglied der Berliner Akademie der Künste und seit 1980 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Von 1960 bis 1988 gehörte sie dem PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland an.

Auszeichnungen und Ehrungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erzählungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Romane

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lyrik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Essays / Autobiographisches

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bühne

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernsehfilme / Fernsehspiele

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernsehstücke (als Buchveröffentlichung)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele / Hörstücke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele (als Buchveröffentlichung)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstige Buchveröffentlichungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörbücher

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herausgeberschaft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersetzungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Gabriele Wohmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. job: Trauer um Gabriele Wohmann. In: echo-online.de. 23. Juni 2015, archiviert vom Original am 24. Juni 2015; abgerufen am 24. Juni 2015.
  2. „Guyot, Johannes“. Hessische Biografie. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Zur Geschichte des Hessischen Diakonievereins (Memento vom 12. August 2015 im Internet Archive)
  4. „Guyot, Paul Daniel“. Hessische Biografie. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. FAZ.NET/dpa: Gabriele Wohmann ist tot. In: FAZ.net. 23. Juni 2015, abgerufen am 24. Juni 2015.
  6. Darmstädter Echo, Samstag, 27. Juni 2015, S. 33
  7. Loana Schnitzspahn: Die Ruhestätte der Darmstädter Schriftstellerin Gabriele Wohmann auf dem Bessunger Friedhof ist verkommen. In: echo-online.de. 10. August 2018, abgerufen am 26. Februar 2024.
  8. Grab von Gabriele Wohmann wieder gepflegt. In: echo-online.de. 25. September 2018, abgerufen am 26. Februar 2024.
  9. In Darmstadt gibt es jetzt einen Gabriele-Wohmann-Weg. In: echo-online.de. 16. März 2017, abgerufen am 26. Februar 2024.
  10. Tilman Urbach: Kultur: „Das Ironische liegt mir“. In: Focus Online. 7. Juni 2004, abgerufen am 24. Juni 2015.
  11. Allzu kluges Kind. In: Der Spiegel. Nr. 38, 1974, S. 139 (online). Zitat: „Frau Wohmann sieht und hört scharf hin, das tut sie immer.“
  12. Maria Frisé: Trauerkuchen. In: FAZ.net. 7. September 2006, abgerufen am 24. Juni 2015: „nach wie vor beobachtet sie bewundernswert genau, was zwischen den Menschen vorgeht.“
  13. Peter Iden: Ein Ausflug mit der Mutter. In: zeit.de. 17. September 1976, abgerufen am 24. Juni 2015.
  14. Meike Feßmann: Das Kunststück mit dem Mehl, Gabriele Wohmanns Erzählungsband „Scherben hätten Glück gebracht“. Süddeutsche Zeitung, 5. Februar 2007
  15. Ilka Scheidgen: Fünfuhrgespräche, S. 202. Zitat: „Das sogenannte Private innerer psychischer Vorgänge ist immer zugleich das Allgemeine.“
  16. Wieland Freund: Gabriele Wohmann 70. In: welt.de. 21. Mai 2002, abgerufen am 24. Juni 2015. Zitat von Wohmann über die Bedeutung des Alltäglichen in der Literatur: „Im Grunde handelt alle dauerhafte Literatur von den unglaublichen Kompliziertheiten des menschlichen Zusammenlebens, in dem sich winzige Kränkungen zu katastrophalen Zerstörungen auswachsen können.“
  17. Ilka Scheidgen: Fünfuhrgespräche, S. 178.
  18. Nach Informationen des Katalogs der Deutschen Nationalbibliothek existieren momentan 23 deutschsprachige Auflagen: Die Erstauflage erschien als Hardcover 1974 bei Luchterhand und hatte bis 1975 drei Folgeauflagen. 1976 wurde es als Taschenbuch ebenfalls bei Luchterhand veröffentlicht, 1987 erschien dessen 17. Auflage. 1989 gab es im dann so genannten Luchterhand Literaturverlag und 1997 bei Piper jeweils eine Neuauflage des Werks.
  19. Heinrich Carle: Mein Umgang mit Laura. In: Gabriele Wohmann, Entziehung. Materialien zu einem Fernsehfilm. 1974, 5. Auflage 1980, S. 191: Der ZDF-Redakteur Heinrich Carle im Wortlaut: „Ich habe sie zu ihrem Auftritt vor fast zwei Millionen Fernsehzuschauern überredet. (Fast noch ein Minderheitenprogramm – und doch fast zwei Millionen Augenpaare!)“
  20. Johannes Breckner: Buch-Tipp: »Wann kommt die Liebe« von Gabriele Wohmann. In: echo-online.de. 4. Oktober 2010, archiviert vom Original am 24. Juni 2015;.
  21. Sabine Doering: Kohlrabiapostel müssen nicht knickrig sein. In: FAZ.net. 4. April 2011, abgerufen am 24. Juni 2015.
  22. Marcel Reich-Ranicki: Bitterkeit ohne Zorn. In: zeit.de. 21. Juli 1967, abgerufen am 24. Juni 2015: „Im Bereich der Kurzgeschichte gibt es im ganzen deutschen Sprachraum nur sehr wenige Schriftsteller, die Gabriele Wohmann auch nur gleichkommen“
  23. Ilka Scheidgen: Fünfuhrgespräche, S. 178 Zitat, bezogen auf die deutschsprachige Literatur: „Sie gilt unbestritten als die beste Autorin in der Beherrschung der Kurzgeschichte.“
  24. Georg Magirius: Sämtliche Erzählungen von Gabriele Wohmann. Alphabetisches Verzeichnis. (PDF) Abgerufen am 28. Juni 2015.
  25. Tilman Krause: Die Gréco an der Schreibmaschine. In: welt.de. 19. Mai 2012, abgerufen am 24. Juni 2015: „Kein anderer Nachkriegsschriftsteller hat eine so umfassende und schattierungsreiche Chronik bundesrepublikanischen Lebens, Meinens, Fühlens vorgelegt wie die Pfarrerstochter aus Darmstadt.“
  26. In Darmstadt gibt es jetzt einen Gabriele Wohmann Weg.
Personendaten
NAME Wohmann, Gabriele
ALTERNATIVNAMEN Guyot, Gabriele (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Schriftstellerin
GEBURTSDATUM 21. Mai 1932
GEBURTSORT Darmstadt, Deutsches Reich
STERBEDATUM 22. Juni 2015
STERBEORT Darmstadt, Deutschland