Dario Fo (2016)
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Dario Luigi Angelo Fo [ˈdaːrjo ˈfɔ] (* 24. März 1926 in Sangiano; † 13. Oktober 2016 in Mailand[1]) war ein italienischer Theaterautor, Regisseur, Bühnenbildner, Komponist, Erzähler, Satiriker und Schauspieler. Er revitalisierte Methoden der Commedia dell’arte. 1997 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.[2]

Dario Fo heiratete 1954 die Schauspielerin und spätere politische Aktivistin Franca Rame (1929–2013), mit der er auch künstlerisch eng zusammenarbeitete.

Leben

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Fos Vater war Bahnhofsvorsteher, Amateurschauspieler und Sozialist. Die Familie musste häufig umziehen, weil er oft versetzt wurde. Das Geschichtenerzählen lernte der junge Dario von seinem Großvater mütterlicherseits, einem Fischer und Glasbläser. Im Jahr 1940 zog Dario Fo nach Mailand, um an der Kunsthochschule Brera zu studieren. Der Zweite Weltkrieg kam dazwischen. Fos Familie war im antifaschistischen Widerstand aktiv, und er half seinem Vater, Flüchtlinge und Deserteure in die Schweiz zu schmuggeln. Einer Rekrutierung durch die Truppen von Salò konnte er sich nicht entziehen, sodass er Mitglied des Bataillons Azzuro der Fallschirmjäger der Repubblica Sociale Italiana wurde. Eine Teilnahme an einer „Aktion“ dieser Brigade im Jahr 1944 im Val Cannobina westlich des Lago Maggiore konnte Fo in einem Gerichtsverfahren im Jahr 1979 nicht nachgewiesen werden.

Nach Kriegsende setzte Fo sein Studium der Kunst und Architektur an der Universität Mailand fort. Danach war er als Architekt tätig. Daneben begann er, sich in der Bewegung der piccoli teatri (kleine Bühnen) zu engagieren und präsentierte dem Publikum improvisierte Einpersonenstücke. Im Jahr 1950 band er sich vertraglich an das Theaterensemble Franco Parentis und gab seinen Job als Architekt auf.

Seine spätere Frau, die aus einer Schauspielerfamilie stammende Franca Rame, traf er 1951 bei der gemeinsamen Erarbeitung der Revue Sieben Tage. Im selben Jahr wurde ihm angeboten, eine Sendung namens Cocorico für das öffentlich-rechtliche nationale Radio RAI zu moderieren. Er verfasste achtzehn satirische Monologe, in denen er biblische Themen politisch interpretierte. Empörte Vorgesetzte setzten die Show ab. Auch sein nächstes Theaterstück war beim Publikum ein Renner, fiel jedoch unter die Zensur und erlebte Interventionen von Seiten der Kirche und des Staates, sodass Auftrittsorte rar wurden.

1954 heiratete er Franca Rame. Die beiden verdienten ihren Lebensunterhalt mit dem weiterhin populären Piccolo Teatro in Mailand. Im nächsten Jahr ergab sich eine Chance bei den Filmstudios in Rom. Fo wurde Drehbuchautor und arbeitete für zahlreiche Produktionen.

Der Sohn Jacopo kam im März 1955 zur Welt. Franca Rame arbeitete für das Teatro Stabile in Bozen. Fo und Rame hatten 1956 gemeinsam Rollen in dem Film Lo svitato, weitere folgten.

Die Rückkehr nach Mailand 1959 war verbunden mit der Gründung ihres eigenen Ensembles. Fo schrieb Stücke, schauspielerte, führte Regie und entwarf Kostüme und Bühnenbilder. Rame übernahm die Kassenführung und den „Papierkrieg“. Die Uraufführungen fanden im Piccolo Teatro statt, und sie brachen dann alljährlich zu Tourneen durch ganz Italien auf.

Das Stück Erzengel spielen nicht am Flipper (1960) fand große nationale Beachtung. Weitere Bühnenerfolge folgten. Bereits 1961 wurden Fos Stücke in Schweden und Polen adaptiert und auf die Bühne gebracht.

Für die Fernsehshow Canzonissima im RAI 1962 war Fo Autor und Regisseur. Er bildete dort das Leben gewöhnlicher Menschen ab, was beim Publikum sehr gut ankam. Eine Episode, in der ein Journalist von der Mafia ermordet wurde, verärgerte indes die Politiker. Fo und Rame erhielten Morddrohungen und wurden unter Polizeischutz gestellt. Die italienische Schauspielergewerkschaft setzte aus Solidarität bei ihren Mitgliedern durch, dass diese nicht als Ersatz für Fo/Rame zur Verfügung standen. Beide wurden für fünfzehn Jahre von der RAI gesperrt.

Von 1968 bis 1970 leitete Fo die Theaterkooperative „Nuova Scena“.

Dario Fo 1985 bei den Filmfestspielen von Venedig

Fo hat mehrfach als Opernregisseur gearbeitet, so etwa in Amsterdam (Il barbiere di Siviglia von Gioachino Rossini) und beim Rossini Opera Festival in Pesaro, wofür er auch jeweils das Bühnenbild entwarf. Dario Fo war ein prominenter Kritiker der Medienpolitik und Medienentwicklung in Italien. Er beurteilte sie als „Beseitigung jeder kritischen Kultur“ und warf Silvio Berlusconi vor, eine Kontrolle über alle Kommunikationswege anzustreben.[3]

Dario Fo in Cesena (2008)

Der überzeugte Kommunist Fo kandidierte 2006 innerhalb eines Mitte-links-Bündnisses bei der Bürgermeisterwahl in Mailand.[4] Er verlor zwar bei den Vorwahlen, erhielt jedoch 23,4 % der Stimmen. Er war ein prominentes und einflussreiches Mitglied von Beppe Grillos MoVimento 5 Stelle.

Fos Bühnenstück Picasso desnudo wurde 2012 uraufgeführt. Die hierfür angefertigten Bilder hat er selbst als „Falso Picasso“ dem spanischen Maler nachempfunden, da ihm die Bildrechte für Pablo Picassos Gemälde zu teuer erschienen. Sie wurden im November 2014 in einer Stuttgarter Galerie gezeigt.[5]

Im Herbst 2016 wurde er mit Atemproblemen in eine Mailänder Klinik eingeliefert, in der er nach zwölf Tagen seinem Leiden erlag.[6]

Auszeichnungen

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Zitate

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„Satire ist Satire und hat nichts mit Propaganda zu tun. Satire ist das schlechte Gewissen der Macht. Wer auch immer regiert, er wird automatisch zur Zielscheibe der Satire.“[7]
„Ich würde es nüchtern ausdrücken: Wettstreit zweier Berufskomiker.“[8]
„Wenn es keine Skandale gäbe, müsste man sie erfinden, weil sie ein unentbehrliches Mittel sind, die Macht der Mächtigen zu erhalten und den Unmut der Unterdrückten fehlzuleiten. […] Worauf es ankommt, ist der Skandal! […] Damit endlich auch das italienische Volk sozialdemokratisch wird, wie die Völker Englands, Nordamerikas, Deutschlands usw. … moderne Völker! Damit unsere Mitbürger endlich stolz sagen können: »Ja, wir waten bis zum Hals in der Scheiße, aber genau deshalb tragen wir den Kopf hoch erhoben!«“[9]
„Die Macht, und zwar jede Macht, fürchtet nichts mehr als das Lachen, das Lächeln und den Spott. Sie sind Anzeichen für kritischen Sinn, Phantasie, Intelligenz und das Gegenteil von Fanatismus. Ich bin nicht mit der Idee zum Theater gegangen, Hamlet zu spielen, sondern mit der Ansicht, ein Clown zu sein, ein Hanswurst.“[10]
„Selbstverständlich ist jede Ähnlichkeit mit aktuellen Tagesereignissen gänzlich unbeabsichtigt; es ist ja bekannt, dass die Klassiker stets schamlos die Skandale und Persönlichkeiten der Chronik unserer Tage kopiert haben!“[11]

Verstecktes Theater

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Die Idee des versteckten Theaters ist, Stücke/Situationen nicht in einem ausgewiesenen Theater auf einer Bühne aufzuführen, sondern ohne Wissen der Zuschauer an alltäglichen Orten (Supermarkt, Bushaltestelle, Fußgängerzone, …) im mehr oder weniger öffentlichen Raum. Ziel ist, den künstlichen Rahmen des Theaters zu sprengen und die Fragestellungen der Stücke in die Realität zurückzuholen, aus der sie stammen. Stücke von Dario Fo kamen dabei aufgrund ihrer Sozialkritik häufig zum Einsatz. Er selbst wurde mehrere Male von der Bühne weg verhaftet.

Werkauswahl

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Literatur

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Commons: Dario Fo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Dario Fo è morto, aveva 90 anni. Milano dà l’addio al premio Nobel per la Letteratura. (Memento vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive) In: Il Giorno, abgerufen am 13. Oktober 2016 (italienisch).
  2. Dario Fo – Nobel Lecture: Against Jesters Who Defame and Insult. The Nobel Foundation, 2014, abgerufen am 13. Oktober 2016 (englisch).
    Dario Fo: Banquet Speech. Aus: Tore Frängsmyr (Hrsg.): Les Prix Nobel. The Nobel Prizes 1997. Nobel Foundation, Stockholm 1998, abgerufen am 13. Oktober 2016 (Übersetzung der Rede aus dem Italienischen ins Englische von Paul Claesson).
  3. Boris Sollazzo: „Die inhaltliche Leere der Linken ist unerträglich“. Interview mit Dario Fo in der jungen Welt, 5. September 2009, abgerufen am 13. Oktober 2016.
  4. Literaturnobelpreisträger Dario Fo ist tot. In: Welt. 13. Oktober 2016, abgerufen am 28. Januar 2024.
  5. Literaturpreisträger Dario Fo „fälschte“ Picassos. (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) dpa-Artikel auf DerWesten.de, 11. November 2014, abgerufen am 13. Oktober 2016.
  6. Giuseppina Manin: È morto Dario Fo, il giullare sommo “Mistero Buffo” il suo capolavoro. Corriere della Sera, 13. Oktober 2016, abgerufen am 13. Oktober 2016 (italienisch).
  7. Zitat von Dario Fo bei gutezitate.com, abgerufen am 14. Mai 2018.
  8. Zitat von Dario Fo bei gutezitate.com, abgerufen am 14. Mai 2018.
  9. Zitat von Dario Fo bei gutezitate.com, abgerufen am 14. Mai 2018.
  10. Wir sind Flegel – Literaturnobelpreisträger Dario Fo wird 90 bei www.swissinfo.ch, abgerufen am 14. Mai 2018.
  11. Zitat von Dario Fo bei gutezitate.com, abgerufen am 14. Mai 2018.
  12. Verlagsseite (Memento vom 18. April 2011 im Internet Archive)
Personendaten
NAME Fo, Dario
ALTERNATIVNAMEN Fo, Dario Luigi Angelo (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG italienischer satirischer Theaterautor, Regisseur, Komponist, Erzähler und Schauspieler
GEBURTSDATUM 24. März 1926
GEBURTSORT Sangiano
STERBEDATUM 13. Oktober 2016
STERBEORT Mailand